Ostern naht und eine Beschäftigung mit dem Thema Religion und Spiritualität liegt nahe, zumal wir uns mit den Transiten von Neptun und Chiron durch das Fische-Zeichen ohnehin in einer Zeit befinden, in der eine große Befindlichkeit hierfür da ist.
Astrologie ist für weite Teile der Bevölkerung weiterhin eine Frage des Glaubens. Die gängigen Vorurteile bestimmen darüber, ob man ihr Vertrauen schenkt oder nicht. Dabei ist die Astrologie nun wirklich alles andere als eine religiöse Beschäftigung. Es geht also nicht um die Frage, woran wir glauben, sondern vielmehr um die Frage, was uns nährt, denn Astrologie hat sehr wohl auch eine spirituelle Dimension.
Astrologie und unser abendländisches christliches Weltbild, das viele meinen, besonders stark verteidigen zu müssen, scheinen heute miteinander im Widerspruch zu stehen. Die Astrologie geht von der Grundannahme aus, dass sich planetarische Konstellationen und menschliche Charakter- und Entwicklungsstrukturen entsprechen. Der Mensch und alles irdische Geschehen stehen in einem kosmischen Zusammenhang. Im Christentum entscheidet sich der Mensch aus freiem Willen für Gott und damit gegen alle anderen bindenden Mächte. Heute ist die Kritik aus dem Christentum an die Astrologie weit verbreitet, aber eindimensional – „Aberglaube und Wahrsagerei“ schallt es da.
Dabei ist es gerade die Entwicklung der Astrologie im 20. Jahrhundert, von bloßer Ereignisorientierung hin zu einer psychologisch orientierten Astrologie, die dem (christlichen) Vorwurf der Determiniertheit menschlichen Verhaltens und des Fatalismus begegnet. Der freie Wille ist da: Heute geht es bei der Analyse des Geburtshoroskops um Selbsterkenntnis und Entwicklungsprozesse der eigenen Person. Gerade diese Entwicklung, die gewachsenen Erkenntnismöglichkeiten der modernen Astrologie, hat zu ihrer Renaissance geführt. Vorwürfe entstammen heute weithin der Unwissenheit über die tatsächlichen Möglichkeiten astrologischer Analyse bzw. einer verkürzten Darstellung in der medialen Aufbereitung.
Dennoch, Astrologie und Christentum waren sich einmal näher, als sie es heute sind. Melanchthon, Weggefährte Martin Luthers und Verfasser des Augsburger Bekenntnisses, war nicht nur Theologe, sondern bekennender Astrologe. Viele Päpste machten Gebrauch von der Astrologie, darunter Gregor XIII. Aufgrund der Notwendigkeit verlässlicher Zeitangaben in der Astrologie verfügte er 1582 eine Kalenderreform; seitdem gilt bei uns der gregorianische Kalender. Dass Zeit nicht nur eine quantitative Einheit ist, sondern dass die Qualität der Zeit im Mittelpunkt der Astrologie steht, war schon damals bekannt. Wallenstein, berühmter Feldherr im Dreißigjährigen Krieg und Mitglied der böhmisch-mährischen Brüder, ließ sich von Johannes Kepler, dem bedeutendsten Astronomen und Astrologen seiner Zeit, das Horoskop stellen.
Gott hat nicht gewürfelt, mag man in Analogie zu Einsteins Aussage zur Quantenphysik sagen. Er spricht durch seine Schöpfung, zu der alle Materie im Kosmos zählt, natürlich auch die Planeten und Sterne. In Gottes Macht liegt also auch die Macht der Sterne, durch die er sich ausdrückt und den Menschen beeinflusst. Gott spricht durch seine ganze Schöpfung und leitet den Menschen an, mehr und mehr zu begreifen, wie Gott ihn denn gemeint wissen will. In diesem Sinne hält Gottes Schöpfung viele Wege, Mittel und Hilfen zur Erkenntnis bereit. Astrologie kann für tolerante und aufgeklärte Christen ein Weg sein, um zu verstehen, wie es etwa der Benediktinerpater Gerhard Voss seit langen Jahren mit der Untersuchung der Verknüpfungen zwischen Astrologie und christlichem Glauben beherzigt.
Wir alle suchen Sinn in unserem Leben. Bei den einen erfüllt die Astrologie ein Bedürfnis nach übernatürlichen, transzendenten oder metaphysischen Erklärungen für ihre aktuelle oder zukünftige Befindlichkeit. Es geht also nicht um die eingangs gestellte Frage, woran wir glauben, sondern vielmehr um die Frage, was uns nährt, denn Astrologie hat, wie bereits erwähnt, sehr wohl auch eine spirituelle Dimension. Durch die Erwartung metaphysischer Aussagen wird per Definition jede naturwissenschaftliche Kritik belanglos sein. Hier verhält es sich nicht anders als wie mit den Weltreligionen, die jenseits der bekannten physikalischen Welt weitere Determinationen oder Existenzen unterstellen. Einen Gottesbeweis gibt es nicht, wohl aber einen Glauben an einen göttlichen Ausdruck, gleichgültig, worin er liegt.