Den Auftakt für die wohl bekannteste Forschungsarbeit zur Untersuchung des Wahrheitsgehaltes der Astrologie mit naturwissenschaftlichen (statistischen Methoden) bildet ein spontaner Gedanke.
Gunter Sachs, in den 1960er Jahren bekannt geworden durch seine Ehe mit Brigitte Bardot und seine legendären Promi-Partys an der Cote d'Azur und später zum renommierten Fotografen aufgestiegen, blickt in das Schaufenster einer Buchhandlung. Dort stehen zwölf Bücher, eines zu jedem Sonnenzeichen. Sachs, ein passionierter Mathematiker und Freund der Astrologie, stellt sich sofort die Frage, ob von jedem Band gleich viele Exemplare verkauft werden. Das, so Sachs, „würde darauf hindeuten, dass Angehörige des einen oder anderen Sternzeichens sich mehr oder weniger für Astrologie interessieren als die Angehörigen anderer Sternzeichen." Im Endeffekt „wäre die Vermutung erhärtet, dass die Sternzeichen sich unterschiedlich verhalten – eines der Fundamente der Astrologie“.
Sachs ging seiner Vermutung sofort nach und verglich Zahlenreihen. Am Ende das Ergebnis – es gibt signifikante Unterschiede. So kauften beispielsweise Skorpione deutlich mehr und Zwillinge deutlich weniger Bücher.
Wir kennen in der Astrologie die intensiven statistischen Forschungsarbeiten der Gauquelins und die Veröffentlichung des renommierten Wissenschaftlers Hans Jürgen Eysenck, der in den 1970er Jahren eine Studie („Astrologie – Wissenschaft oder Aberglaube?“) vorlegte, die ebenfalls einen Zusammenhang zwischen den Tierkreiszeichen und menschlichen Eigenschaften nachzuweisen schien.
Doch Gunter Sachs hatte aufgrund seiner Prominenz eine ganz andere Wirkung.
Für ihn bildete dieses „Schaufenster-Erlebnis“ den Auftakt einer intensiven Beschäftigung in den 1990er Jahren. Vermögend wie er war, gründete er ein eigenes Institut, das „Institut zur empirischen und mathematischen Untersuchung des Wahrheitsgehaltes der Astrologie in Bezug auf das Verhalten von Menschen und deren Anlagen“ (IMWA). Das Institut, beraten von Statistikern der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, untersuchte zehn Lebensbereiche, für die sich „der statistische Nachweis (ergab), dass Sternzeichen in allen von uns untersuchten Bereichen einen gewissen Einfluss auf das Verhalten von uns Menschen ausüben.“
1997 veröffentlichte er die Ergebnisse in einem Buch, „Die Akte Astrologie“. Eine groß angelegte statistische Untersuchung mit 20 Millionen Daten, die signifikante Zusammenhänge zwischen den sogenannten Sonnenzeichen und verschiedenen Verhaltensweisen, etwa bei Eheschließung, Berufswahl, Verkehrsverhalten oder Neigung zum Suizid, feststellte. Das Buch fand viel Anerkennung und Kritik, aber auch eine große Leserschaft, u.a. stand es 21 Wochen auf der Spiegel-Bestsellerliste.
Seine Forschungsarbeit machte ihn zu einem Kronzeugen der Astrologie. In seinem Buch kündigte er einer Rückkehr zur Hauptbeschäftigung mit der Fotografie an: „Nach den zwei Jahren, in denen ich das IMWA-Institut statistisch begleitet habe, sehe auch ich heute den nächtlichen Himmel mit anderen Augen an. Die Astrologie ist eine feuerrothaarige, prallbusige Maitresse, die man begehrt und mit der man verkehrt, doch die man vor der kleinen oder großen Welt versteckt. Playboys haben es da leichter. Für mich war die Astrologie eine geheimnisvolle Gefährtin, die es zu ergründen galt. Jetzt werde ich zurückkehren zu den Sternen meiner Photographie, deren Kurven unendlich reizvoller sind als die der kühnsten Statistik.“
Doch tatsächlich fand die Forschung eine Fortsetzung. Das Institut bestand fort, über alle Jahre hinweg. Noch vor seinem Tod 2011 stockte er das Aktienkapital von IMWA von 100.000 auf 3 Mio. Schweizer Franken auf und versuchte offenbar noch vor seinem Selbstmord eine Neuaufstellung des Instituts, das sich in Cielo-Math AG umbenannte und seitdem seinen Sitz im deutschen Feldkirchen und im schweizerischen Zug hat. Die neue AG agiert weitestgehend öffentlichkeitsscheu und ohne Außendarstellung. Im Verwaltungsrat sitzen der ehemalige persönliche Assistent von Sachs, Marcus Gohr, die Juristen Axel Wittmann und Robert Dissmann sowie der bekannte Buchautor („Lexikon der populären Irrtümer“) Walter Krämer, ein Professor für Statistik der Universität Dortmund. Krämer ist so etwas wie das wissenschaftliche Gewissen der AG. Erstaunlicherweise vereinbart er seine astrologische Forschungstätigkeit mit einem Einsatz im wissenschaftlichen Beirat der Skeptikervereinigung „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften“ (GWUP), die regelmäßig gegen die Astrologie zu Felde zieht. Krämer sagt dazu, dass es ohnehin keine endgültigen Wahrheiten gebe.
Seriöse Astrologieforschung zu betreiben, war von jeher das Ziel von Gunter Sachs. Sein persönlicher Assistent Gohr berichtet in einem Artikel auf Focus Online über die Ziele von Cielo-Math: „Gunter Sachs hatte mit der Astrologieforschung noch viel vor. Ihm lag das Thema sehr am Herzen, jetzt geht es darum, die begonnenen Projekte weiterzuführen, zu vertiefen, neue Wege zu gehen. Wir forschen in seinem Sinne weiter. Wir planen auch ein neues Buch und arbeiten an der Entwicklung von Software.“
Focus verweist auf ein Papier, das Gunter Sachs 2011 vor seinem Tod verfasste und das die Forschungsagenda wie folgt benannte: „Astrologieforschung 2011 – endgültiger statistisch-mathematischer Nachweis der Existenz“, „Zusätzliche Untersuchungen bestätigen die Ergebnisse“ oder „Neue Kooperationen – neue Forschungsprojekte“.
Wir können gespannt sein, was seine Nachfolger leisten werden.